Stark, stärker, Mehrkämpferinnen

Bei den Norddeutschen Meisterschaften in Papenburg am 1. und 2. Juni 2019 schwitzten nicht nur die Aktiven bei hochsommerlichen Temperaturen. Die Athletinnen lieferten im großen Stil ab. Es war sogar so: die eine oder andere Bestleistung ging an diesem Wochenende unter. So musste man erstmal die Ergebnisse eingehend studieren, um alles zu erfassen. Und es kam eine Menge zusammen: Bestleistungen, mind. sechs (!) DM-Normen und gute Platzierungen sorgten nämlich auch bei den Mitgereisten für Begeisterung.

Der Reihe nach. Fünf unserer Mehrkämpferinnen machten sich also Richtung Westen auf. Papenburg war das Ziel, das einige schon aus den letzten Jahren kannten. Finja, Paula und Winona bildeten eine Mannschaft bei der Jugend (U20) und bei den Frauen schickten wir mit Janina und Katha zwei starke Kämpferinnen ins Rennen. Die Ziele waren hoch gesteckt: Qualinormen für die Deutschen Mehrkampfmeisterschaften in der Einzelwertung aber mindestens mit der Mannschaft. Außerdem feierte Finja mit der Teilnahme ein Comeback ihrer Mehrkampfwettkämpfe nach fast zwei Jahren Pause. Die Vorbereitungen für sie waren, sagen wir mal, suboptimal mit Hindernissen. Doch nicht nur sie sondern alle Athletinnen waren heiß und voller Selbstbewusstsein, das zeigte sich schon bei der Erwärmung. Und der Eindruck sollte sich bestätigen.

Paula (wU20) war von den fünf als erste dran und knallte gleich mal eine 14,83 auf die Bahn über die 100 m Hürden. Schwups, Quali-Norm. Für die U23! Und Bestleistung. Und da es auch noch die schnellste Hürdenzeit der U20-Teilnehmerinnen war, gab es ein kleines Punktepolster nach Disziplin 1 für Paula als Bonus. Winona und Finja folgten gemeinsam im nächsten Lauf. Bis zur achten Hürde waren beide gleichauf, das hätte man vor dem Rennen nicht vorhersagen können. Bei Finja fehlte zum Ende zwar etwas Kraft, rettete sich aber mit guter Zeit sauber im Dreierrhythmus über alle Hürden ins Ziel – 8 Zehntel schneller als letzte Woche in Kiel. Auch Winona konnte sich zu letzter Woche verbessern, dafür dass die beiden auch mit Gegenwind zu kämpfen hatten, eine starke Leistung. Dann durften Katha und Janina ran. Die sonst sichere Katha kam zum Ende aus ihrem Rhythmus, das kostete sie leider Zeit und Punkte. Sie musste sich mit 16,03 Sekunden zufrieden geben. Bei Janina lief es dafür wie am Schnürchen, sie stellte mit 14,80 Sekunden eine Bestleistung auf (erzielt bei einem Mehrkampf) und außerdem holte sie ihre zweite DM-U23 Norm für Wetzlar, es war auch die schnellste Zeit bei den Frauen für den Ausbau ihres Punktestandes.

Beim Hochsprung war es bei der Jugend einfach, man einigte sich auf 1,56 m übersprungene Höhe! Für Paula und Finja mehr als in Kiel, Winona hätte sich gerne wieder wie zuletzt in Kiel 1,60 m gewünscht. Letzten Endes war es für den Mehrkampf dennoch eine gute Leistung, sie fand immer besser in den Wettkampf und konnte schöne Sprünge zeigen. Katha macht es nach und übersprang ebenfalls 1,56 m mit guter Technik über der Latte. In anderen Höhen schwebte erneut Janina, die mit 1,76 m die nächste U23-Norm erfüllte! Von allen Teilnehmern war es wieder die beste Leistung, so dass das Punktepolster deutlich anwuchs.

Das Kugelstoßen fand zeitgleich auf zwei Anlagen statt. Katha verbessert sich mit 10,94 m um einen halben Meter auf eine neue persönliche Bestweite. Ebenso neue Bestweite für Janina, die mit 11,95 m nun an der 12 kratzt! Bei der Jugend stieß Paula 12,51 m, Winona verfehlte die 10 m knapp, Finja dafür mit Leistungssteigerung gegenüber Kiel auf 10,13 m. Aber immerhin auch hier eine neue pB!

Letzte Disziplin, der 200 m-Sprint: Winona mit der nächsten pB und erstmals unter 27 Sekunden, Paula nah an ihrer Bestzeit dran und Finja mit einer niedrigen 27er Zeit und 5 Zehntel schneller als noch vor einer Woche. Katha hat anscheinend eine Zeit um die 25,50 Sekunden für sich gebunkert, konstant und verlässlich. Und was noch wichtiger ist: sie wurde mit wertvollen Punkten belohnt. Janina steigert sich auf 25,78 Sekunden und heimste ihre nächste pB ein.

Ist euch schon schwindelig von den ganzen Bestleistungen? Wir sind erst am Ende des ersten Tages – fast. Denn bei der Jugend gibt es noch die Wertung für den absolvierten Vierkampf. Hier holte Paula Gold, Winona kam auf Platz 4 und Finja holte immer noch einen respektablen fünften Platz! Glückwunsch hierzu. Janina lag bei den Frauen auch auf Goldkurs, Katha auf Platz 2 dahinter.

Tag zwei. Es ging weiter mit guten Leistungen. Weitsprung. Janina sprang starke 5,70 m, auch hier war es bei einem Mehrkampf Bestleistung. Katha konnte sich auf gute 5,43 m steigern. Bei der Jugend kam Paula nicht über 5,12 m hinaus, hier ließ sie leider wertvolle Punkte liegen. Winona lag nach dem ersten Tag gut im Kurs und war fokussiert aber etwas angespannt. Sie behielt jedoch die Nerven und steigerte sich im letzten Versuch mit Jahresbestleistung auf sehr gute 5,42 m. Finja rettete sich auf stabile 5,12 m und durfte sich zufrieden zeigen, es war immerhin ihr erster Weitsprung-Wettkampf in der Freiluftsaison. Beim Speerwurf konnte Winona ihre Bestleistung um über einen Meter auf 26,04 m verbessern, Paula verfehlte ihn um nur 9 Zentimeter (geworfene 37,59 m) und hatte damit eine sehr gute Leistung gezeigt. Finjas weitester Versuch war leider ungültig so blieb es bei knapp 25 m. Katha warf noch ihren Möglichkeiten hinterher, sie kam nicht über 29 m hinaus, Janina warf 35,76 m.

Vor der letzten Disziplin bereiteten sich alle in erster Linie mental auf den 800 m-Lauf vor, Winona sah man die Anspannung an, aber alles was die Athleten machen mussten: beflügelt von den bislang guten Leistungen tragen lassen und ihr Können abrufen. Und es gelang ihnen. Die Frauen machten den Start, Janina setzte sich wie so oft gleich früh an die Spitze. Einsam. Denn ihr Vorsprung wuchs schnell von Meter zu Meter. Dahinter: Katha, der es dieses Mal nicht gelang, Janina auf den letzten Metern einzuholen. Das lag aber nicht an Katha, die mit 2:23,66 Sekunden ein schnelles Rennen lief, sondern daran, dass Janina ihre ohnehin schon gute Bestleistung um fast fünf Sekunden drücken konnte: 2:20,88 lautet nun ihre neue Bestzeit, die sich für eine Mehrkämpferin sehen lassen kann. Bei der Reihenfolge änderte sich am zweiten Tag nicht mehr, unsere beiden Damen bauten ihren Punktestand dafür kontinuierlich aus, Katha belegte einen zweiten Platz mit 4740 Punkten. Janina legte mit persönlicher Bestleistung die Messlatte noch mal ein ganzes Stück höher: 5428 Zähler standen am Ende auf der Ergebnisliste, in der DM-Bestenliste ist sie damit derzeit auf Platz 6!

Blieb noch die Jugend: Finja war bei den zwei schnellen Runden mit den Trainingsdefiziten noch im Nachteil, konnte aber dennoch wichtige Punkte für die Mannschaftswertung beisteuern. Winona scheute sich nicht, die Flucht nach vorne anzutreten, nach 100 m übernahm sie die Laufführung vor der in der Gesamtwertung führenden Bremerin und gab die Position bis zur Ziellinie nicht mehr her, großen Respekt wieder dafür Winona! Leider hatte sie damit ein Rennen gegen die Uhr und niemanden vor sich, hier wäre sonst mehr als die 2:26,91 Minuten drin gewesen. Dahinter als Zweitplatzierte kam schon Paula mit 2:28,32 min. Paula wollte noch Punkte gutmachen, der Vorsprung auf ihr Verfolgerfeld war aber nicht groß genug, so dass sich folgendes Endergebnis nach den sieben Disziplinen darbot: Paula auf Platz zwei mit nur 15 Punkten Rückstand auf den ersten Platz, Winona schob sich einen Platz vor auf Rang 3 und Finja verteidigte ihren fünften Platz, den man als fantastisches Ergebnis werten muss und uns alle sehr begeistert hat. Paula und auch Winona erfüllten die DM-Norm in der Einzelwertung. Paula verbesserte ihre Bestmarke außerdem um über 200 Punkte (damals allerdings noch in der wU18). Mit der Mannschaft erzielten die drei Gold mit 13.506 Punkten und holten auch hier die DM-Norm für die deutschen Jugendmehrkampfmeisterschaften.

Ganz herzlichen Glückwunsch zu euren Leistungen! Euer Selbstbewusstsein von der ersten Minute war eine Freude und für manche Beruhigung zugleich. Die schiere Anzahl an Bestleistungen und Norm-Erfüllungen waren und sind im wörtlichen Sinne bemerkenswert – wie dieser lang gewordene Bericht zeigt. Der Durchhaltewillen und Kampfgeist von Finja war beispiellos und ihr Mehrkampf-Comeback ein denkwürdiger und wichtiger Moment – sicherlich nicht nur für Finja. Dafür im Speziellen aber für eure gute Leistungen im Allgemeinen den allerhöchsten Respekt.

Jens Scheppler

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